persönlicher Kommentar
"Freihandels"-Abkommen contra Gemeinwohlökonomie
Demokratie auf der Abschussliste
Die öffentliche Wahrnehmung sieht das vielleicht noch nicht so, aber diese Wahl des Europa- Parlaments dürfte tatsächlich eine Schicksalswahl für Europa werden. Der Grund sind hauptsächlich die Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA), den USA (TTIP) und 21 weiteren Staaten (TiSA), wobei ersteres bereits ausverhandelt (aber noch nicht beschlossen), die anderen beiden z.Zt. in Verhandlung befindlich sind. Das gut klingende "Freihandel" ist dabei Augenwischerei, denn um Freiheit geht es dabei nur für das Kapital und die Gewinne globalisierter Konzerne. Die Verhandlungen finden höchst undemokratisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (warum wohl?), aber nach dem was so durchsickert, besteht die eigentliche Gefahr nicht in amerikanischen Chlorhühnchen oder Gen-Nahrungsmitteln, die dann ohne Kennzeichnung (die wäre ja ein Handelshemmnis) auf den europäischen Markt kommen dürften, auch nicht in der umweltschädlichen und die Energiewende zusätzlich blockierenden Gasgewinnung durch Fracking, die dann bei uns kaum mehr aufzuhalten wäre.
Die eigentliche Gefahr liegt in der endgültigen!! (s.u.) Abschaffung unserer Demokratie durch weitgehende Aushöhlung. Im Namen der Handelsfreiheit bekämen die Konzerne über den Hebel der "Schiedsstellenverfahren", die in beiden Abkommen vereinbart werden sollen, weitgehende Kontrolle über die Politik der EU-Länder, weil sie diese dann auf "entgangene Gewinne" zu Milliardenzahlungen verklagen können, sobald ihnen eine politische Entscheidung nicht passt. Die Erfüllung des Amtseids unserer Politiker, Schaden vom deutschen Volk abzuwehren, könnte dann nur noch darin bestehen, den Konzernen möglichst willfährig zu sein, damit nur ja keine milliardenschweren "Schadensersatz"-Forderungen geltend gemacht werden. Sozial-, Verbraucherschutz-, Umweltpolitik etc. wären damit praktisch unter die Kontrolle von Konzernen gestellt, die jenseits jeder demokratischen Einflussnahme stehen. Das ist ein Salto mortale rückwärts ins mittelalterliche Feudalsystem, nur dass die Feudalherren dann globale Konzerne und die Leibeigenen Konsumenten heißen. In Hinblick auf die bisherige Praxis, auch in den ärmeren Ländern Europas, kann man das nicht ernst genug nehmen; die Konzerne agieren wie die Geier, und jenseits des Atlantiks warten nun weitere 50000 davon. Und der Clou: es droht als Schlussstein dieser Abkommen die Vereinbarung, dass Änderungen nur einstimmig von allen vertragsschließenden Parteien getroffen werden können -- d.h. einmal abgeschlossen, kann kein einzelnes Vertragsland jemals wieder entkommen!!
Le Monde diplomatique spricht von einem "Staatsstreich in Zeitlupe". Dies trifft ganz besonders auf das im Windschatten von TTIP ebenfalls heimlich im Hintergrund verhandelte Freihandelsabkommen TISA (Trade in Services Agreement) zwischen USA, EU und 21 anderen Staaten zu, wo es um die umfassende und als unumkehrbar vereinbarte Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen -- Wasser, Bildung, Gesundheit, ... -- geht (Online-Petition an den Bundestag unterzeichnen). Das wäre praktisch die Abschaffung der Kommunal- und vieler Bereiche der Länderpolitik.
Über CETA wird, so die aktuelle Sachlage, der Bundestag und das EU-Parlament, über TTIP und TISA nur letzteres abstimmen. Daher die alles entscheidende Bedeutung dieser Wahl.
Die ökologisch-Demokratische Partei kämpft entschieden gegen diese "Freihandels"-Abkommen -- und: Die ÖDP ist wählbar, weil dank der entfallenen %-Hürde keine Stimme mehr "verloren" geht, und weil es dringend wünschenswert ist, dass sie als die einzige Partei, die satzungsgemäß und faktisch eine von Konzernspenden freie Politik macht, endlich in ein Parlament kommt.
Dr. Peter Hiltner, Oberkotzau
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